Am nächsten Tag sind die Vorbereitungen für das Festival schon im vollen Gange. Es ist kräftig dekoriert und es wuseln schon einige Althippies herum. Es wäre sicher schön das noch mit zu erleben, aber man muss ja weiter gehen und außerdem werden wir im September ja noch ein Festival besuchen. Wir lassen uns also von Mrs. Braaten abholen und nach Little Haven bringen. Hier haben die Braatens, ein älteres Ehepaar, ein kleines Haus für die Hiker eingerichtet. Von dort aus gehen wir nach Caribou Crossroads. Hier konsumieren wir einen Milchshake und erhalten Post. Leider ist unser Resupplypaket nicht angekommen. Schock! Zurück bei den Braatens findet Maike es allerdings in einem der Räume. Das ist hier manchmal ein wenig chaotisch mit der Post. Naja Hauptsache es ist da! Auch aus der Hikerbox nehmen wir uns ein paar Leckereien mit. Und so haben wir mal wieder viel zu viel. Wir duschen, essen und flicken Ausrüstung. Wir haben neue Reißverschlüsse für unser Zelt, die Maike jetzt einbaut. Gegen Nachmittag fährt Mrs. Braaten uns wieder zum Pacific Crest Trail und wir wandern los. Unterwegs mampfen wir einige Brombeeren. Dann entdecken wir ein Band auf dem steht, dass diese Brombeeren ungenießbar wären. Das können wir uns nicht erklären…später treffe ich Bravo, einen älteren Sectionhiker und wir unterhalten uns lange. Er ist ein sehr interessanter Mann und wir teilen viele unserer Ansichten. Mit eines der besten Gespräche, die ich bisher hier auf dem Pacific Crest Trail geführt habe. Am Ende schenkt er uns sogar noch ein sehr leckeres Brot mit richtigen Körnern drin! Danke, Bravo! Schließlich ziehen wir aber jeder weiter und wir schleppen uns weiter durch die Hitze den Berg hinauf. Am frühen Abend erreichen wir unseren Campspot, essen lecker Couscous und dazu das Brot und gehen endlich mal wieder früh schlafen.
Für den nächsten Tag haben wir uns zwanzig Meilen vorgenommen. Aber dazu sollte es nicht kommen. Zunächst steht der Rest des Anstiegs auf dem Programm. Der Pacific Crest Trail schiebt sich mühsam den Berg hinauf und ich schiebe mich mit. Es geht scheinbar unendlich lange bergauf. Schließlich erblicke ich sozusagen das Licht am Ende des Tunnels und zwar die Kuppe des Berges. Dort schiebe ich erstmal eine Rast ein und genieße diverse Köstlichkeiten. Besonders lecker schmecken heute die getrockneten Himbeeren.
Danach geht’s leichter weiter. Es ist durchaus immer noch anstrengend, denn es ist mal wieder gut warm, aber es läuft sich einfach besser, wenn man zwischendurch auch mal eine gerade Strecke dabei hat. So geht es über wunderschöne Wiesen und durch alte Wälder. Irgendwann passiere ich die 1300 Meilenmarke. Jetzt sind es keine 400 Meilen mehr und ich bin raus aus Kalifornien. Das wird was!
Nicht viel später erreiche ich eine Kreuzung. Links geht es zu einer Quelle, wo wir Wasser auftanken wollen. Ich lasse mich dort zur Mittagspause nieder. Weil es anfängt am Himmel zu grummeln baue ich das Zelt auf. Ich habe keine Lust in meiner Pause nass zu werden. Und schon ist es so gemütlich, dass ich überlege hier zu bleiben. Der Regen bleibt aus, Maike kommt an und findet bleiben auch nicht schlecht. So verbringen wir einen schönen und ruhigen Nachmittag und spannen mal richtig aus. Das tut auch mal gut.
Wir schlafen richtig lange. So ist es schon wieder recht spät, als wir los wandern. Wie wir es ja mittlerweile gewohnt sind, geht es sofort bergauf. Allerdings sehr gemächlich. Ich wandere gemütlich durch den Wald. Schon recht bald mache ich eine kleine Pause und esse den ersten Clif Bar meines Lebens. Hikerbox natürlich. Das sind sündhaft teure Bio-Kraft-Protein-Riegel. Schmecken nicht übel, aber wie man dafür zwei Dollar ausgeben kann, ist mir ein Rätsel. Naja ich hab das Ding ja für lau bekommen!
Danach geht’s weiter bergauf und schließlich erreiche ich ein Plateau, welches mit interessanten Lavagebilden verziert ist. Auch bietet sich eine tolle und weite Aussicht. Am Horizont sieht man hohe Berge. Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte der Mt. Shasta dabei sein. Mit diesem Panorama wandere ich die nächsten Meilen. Irgendwann muss Wasser nachgeholt werden. Leider sieht es damit ontrail momentan wieder mau aus und so muss ich insgesamt einen Kilometer zusätzlich wandern, um an Wasser zu kommen. Aber das gehört auch dazu. Gegen Abend erreichen wir dann einen wahren Meilenstein: Den PCT Midpoint. Wir sind nun den halben Pacific Crest Trail gelaufen. Eine wahre Errungenschaft!
Danach ist es nicht mehr weit zu unserem Campspot. 90 Minuten später habe ich das Zelt aufgebaut und liege bereits darin, als Maike kommt.
Am nächsten Morgen sind wir mal wieder die letzten. Aber das macht uns nichts aus. Wir haben unseren Rhythmus gefunden. Morgens wird entspannt, erstmal gefrühstückt, dann nochmal hingelegt und später gemütlich losgewandert. So auch heute. Wir packen noch schnell Wasser für 13 Meilen ein und machen uns auf den Weg. Heute hat der Pacific Crest Trail ständiges auf und ab auf Lager. Das Höhenprofil erinnert an eine Berg- und Talbahn. Aber es ist nie wirklich lange steil und so komme ich gut voran. Nach ein paar Meilen überquert der Pacific Crest Trail einen Highway. Auf der anderen Seite erwartet uns Trail Magic in Form von eisgekühlten Colas. Das nimmt man gerne mit. Wir machen eine Pause, dann geht’s weiter in Richtung Wasser. Der Weg geht heute größtenteils durch den Wald, was schön, aber wenig aufregend ist. Schließlich erreichen wir den North Fork Feather River. Unter der Brücke finde i h Whatever, The Kid und noch zwei andere Hiker. The Kid läuft jetzt ohne Mush, die in letzter Zeit nur noch wenig Lust auf wandern hatte und wohl oft einfach mal stehen geblieben ist und sich geweigert hat, weiter zu gehen. Die Trennung ist jetzt bestimmt für beide hart, aber in Washington stößt Mush wahrscheinlich wieder dazu. Wir machen alle gemeinsam Mittagspause und unterhalten uns. Dann stapfen wir weiter. Schon wieder gibt es gekühlte Getränke am Wegesrand. Maike und ich nehmen uns Cola fürs Abendessen mit. Kurz vor knapp gibt es noch eine kleine Besonderheit: Den Terminal Geysir.
Wir sind jetzt im Vulkangebiet und das sollen wir auch sehen. Es dampft aus der Erde, kochendes Wasser sprudelt hervor und es riecht nach Schwefel. Sehr eindrucksvoll. Ich bleibe eine Weile, dann mache ich mich an die letzten Meilen und baue das Zelt am Trailhead auf. Nach dem Abendessen gehen wir schlafen.
Am Morgen wird an der Picknickbank gefrühstückt. Das ist purer Luxus. Ohne Witz, wenn man monatelang entweder in seinem Schoß, oder im Zelt isst, dann lernt man einfache Dinge, wie einen Tisch und eine Bank wirklich zu schätzen. Nach dem Frühstück ruft der Pacific Crest Trail. Die meiste Steigung für heute ist schnell abgearbeitet und so geht es sanft und hügelig weiter. An einem kleinen Bach hole ich Wasser und mache die erste Pause.
Ich bin heute in sehr ruhigen Stimmung. An den meisten Tagen möchte ich gerne erstmal ein paar Meilen hinter mich bringen, bevor ich mich länger hinsetze. Heute aber genieße ich einfach das Plätschern des Baches und lasse die Gedanken schweifen. Später komme ich an zwei Seen vorbei. Am zweiten raste ich und hole Wasser. Hier ist einiges los. Dayhiker, Trailaufräumer, ein Reiter und ein Reh mit zwei Kitzen lassen sich blicken.
Danach geht’s durch einen abgebrannten Wald. Überall ragen verkohlte, weiße Bäume wie Skelette in den Himmel. Passend zur düsteren Stimmung zieht ein Gewitter auf. Ich gehe schnell weiter um wieder in den schützenden Wald zu gelangen. Irgendwann verändert sich die Landschaft wieder. Die toten Bäume werden erst von jungen Zedern und schließlich von Manzanitas abgelöst. Kurz bevor ich den Campspot erreiche fängt es an zu regnen, sodass ich im Regen aufstellen muss. Dafür liege ich dann nach kurzer Zeit im Trockenen und kann die müden Knochen ausruhen.
Der Weg nach Old Station am nächsten Morgen ist dann nicht mehr weit. Schon gute Zeit bevor das Post Office öffnet sind wir da. Schließlich holen wir unser Resupplypaket ab und gehen entlang des Highways zu JJ’s Café. Dort essen wir einen großen Ceasar Salad mit Brot und Pommes. Das schmeckt außerordentlich gut! Danach gehen wir rüber zur Tankstelle und essen noch ein Eis. Den Nachmittag verbringen wir damit möglichst viel Strom in unsere Geräte zu pumpen. Mit halb vollen Akkus machen wir uns dann auf den Weg zur Subway Cave, einer Höhle. Wir erkunden diese, sie ist wirklich lang, essen zu Abend und schlagen ein Cowboycamp in der Vorhalle der Höhle auf. Morgen soll es früh los gehen, denn es liegen 30 trockene, heiße Meilen vor uns.
Andrea
12. August 2015 — 22:34
Ich folge dir immer noch ganz gebannt!!! Kaum vorstellbar vom bequemen und wohltemperierten Plätzchen aus sich in deine Situation zu versetzen. Aber ich bin total begeistert von deiner Routine und euren täglichen Abenteuern!!! Weiter so!!! Ich bleibe dran, euch zu verfolgen!
Sonnige Grüße aus Deutschland
Andrea