Nachdem wir einige Zeit vor dem Grocery Store rumgehangen haben, gehen wir gegen Abend weiter. Der Plan ist, noch ein paar Meilen zu wandern und dann irgendwo am Rand des Pacific Crest Trails zu zelten. Leider stehen uns erstmal zwei Meilen Straße bevor, bevor wir aus Agua Dulce wieder raus sind. Schließlich erreichen wir aber wieder die Natur. In einem Tal bauen wir die Zelte auf, essen gemütlich zu Abend, unterhalten uns noch etwas und ziehen uns dann zurück.
Am nächsten Morgen haben wir wieder viel Kondenswasser im Zelt. Auch Andys Tarp ist ganz nass. Das komm daher, dass das ganze Tal in Wolken versinkt. Während des Frühstücks lichten sie sich aber und die Sonne kommt zum Vorschein. Schnell wird es gut warm. Wir gehen los und der Pacific Crest Trail führt uns direkt vier Meilen steil bergauf. Ich habe nicht mehr viel Wasser und bekomme ordentlich Durst. Hin und wieder bleibe ich stehen um zu verschnaufen und einen kostbaren Schluck zu trinken. Schließlich erreichen wir die Spitze des Berges. Der Pacific Crest Trail folgt nun dem Bergrücken und wechselt von Wüste zu sanfter Heidelandschaft. Schon sieht man wieder einige Bäume. Endlich erreiche ich eine Quelle, an der sich schon andere Hiker tummeln. Dort halten wir Siesta.
Es ist ein schöner Ort, umringt von Bäumen. Wir bleiben einige Stunden bis wir weiter gehen. Als es dann so weit ist, geht es erstmal wieder bergab. An einer Straße treffe ich auf Andy und einen anderen Hiker. Plötzlich entdecken wir eine recht dicke Klapperschlange. Der fremde Hiker ist begeistert, es ist seine erste Klapperschlange! Er geht etwas zu nah ran und plötzlich fängt sie an zu rasseln. Alle springen einen Meter zurück, aber die Schlange greift nicht an. Wir gehen weiter und es geht wieder bergauf. Nach einigen anstrengenden Meilen finden wir einen schönen Platz unter einem Dach aus dürren Bäumen und bauen die Zelte auf. Wir essen noch gemütlich zu Abend, dann gehen wir schlafen.
Schon beim Frühstück am nächsten Morgen merken wir, dass heute ein sehr heißer Tag werden wird. Wir brechen bald auf ohne Zeit zu verlieren. Wir wollen vor der Mittagshitze die sieben Meilen bis zur Fire Closure gehen und dann den Tag bei den Andersons im Casa de Luna verbringen. Kurze Erklärungen: Ab Meile 478 ist der Pacific Crest Trail mal wieder aufgrund eines früheren Feuers gesperrt. Die Andersons sind etwas exotische Trail Angel, die auf dem ganzen Trail bekannt sind. Wir wandern also zügig los. Nach fünf Meilen machen wir eine kleine Pause.
Es ist wirklich warm und ich trinke viel Wasser und Gatorade. Schon früh kommen wir an der Straße an. Und zwar zur genau richtigen Zeit. Mrs. Anderson fährt in ihrem Wagen vorbei, hält an, fährt rückwärts und fragt, ob wir mit runter wollen. Wir sagen natürlich ja und fahren mit. Im Casa de Luna angekommen begrüßen uns andere Hiker, die bereits in den Sofas auf der Veranda entspannen. Das sieht nach einem angenehmen Nachmittag aus. Wir stellen unsere Zelte im Wald des riesigen Gartens auf, gammeln in der Hängematte, bekommen eine kostenlose Holographic Health Behandlung und lassen es uns einfach gut gehen. Zum Abendessen gibt’s Taco Salat, lecker! Danach gehen wir schon sehr bald schlafen.
Am nächsten Morgen gibt’s Pancakes zum Frühstück. Die schmecken wirklich gut. Mrs. Anderson steht in der Küche und backt. Ich nehme mir eine Portion und noch eine Banane und setze mich raus. Danach quatschen wir noch ein bisschen mit den Holzschuhs, die wir hier endlich wieder getroffen haben. Dann ist es Zeit für das Gruppenfoto. Die Andersons möchten Fotos von all ihren Gästen haben. Wir stellen uns auf und plötzlich passiert es. Mrs. Anderson dreht sich um, zieht die Hose runter und entblößt ihren gewaltigen Hintern. Alle lachen und sie sagt: It brings good laughs. Casa de Luna! Deshalb heißt das also so. Danach machen wir uns auf den Weg. Wir essen noch ein Eis an der Tanke und ich kaufe mir eine neue Sonnenbrille. Danach hitchen wir wieder Richtung Pacific Crest Trail. Wir wollen den Straßenteil hitchen und via Canyon Trail wieder auf den Pacific Crest Trail stoßen, dort wo er wieder offen ist. Wir kriegen einen Hitch auf der Laderampe eines Pickups, was viel Spaß bringt.
Wieder auf dem Weg packe ich erstmal mein Mückennetz aus. Die Viecher nerven tierisch, aber das gehört dazu. Mit Netz vorm Gesicht geht es. Es ist schon wieder sehr heiß und wir kämpfen uns bergauf. Zum Glück geht’s heute viel durch den Wald. Zwischendurch machen wir kurz Pause, dann schwitzen wir weiter. Irgendwann erreichen wir die 500 Meilenmarke. Das sind 800 Kilometer! Kurz danach machen wir an einer Zisterne Mittagspause.
Danach sind es nur noch sechs Meilen bis zu unserem Camp. Ich werde böse von Ameisen gebissen. Ganz krasser Schmerz. Aber es geht weiter, wunderschön durch den Wald. Irgendwann geht’s um eine Ecke und man hat freien Blick auf die Wüste und die Berge. Diesen Blick hat man dann auch vom Campground, wo wir aufbauen. Ein schöner Tag geht zu Ende.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf. Wir wollen vor der Mittagshitze in Hikertown sein, dort den Tag verbringen und abends noch eine gute Strecke laufen. Gesagt getan. Der Abstieg ist wirklich schön, aber es wird schon schnell heiß. Als ich nach 10 Meilen Hikertown erreiche, ist es total still. Ich gehe durch das Tor und schaue mich vorsichtig um. Hier sieht es aus, wie in einer Westernstadt, inklusive Gefängnis, Saloon und herumlaufenden Hühnern. In einer Garage treffe ich auf andere Hiker. Ich lege ab und entspanne erstmal. Später fährt uns der Besitzer dieses Geländes zum Store, wo ich eine Packung Eis kaufe, die ich mit Maike verputze. Mein Verdauungssystem findet das gar nicht toll. Offenbar hab ich es doch noch nicht überwunden. Die nächsten Stunden verbringe ich größtenteils auf der Toilette. Abends gehen wir schließlich weiter. 17 Meilen sind es bis zum nächsten Wasser, die wollen wir noch gehen, was eine Tagesanzahl von 27 Meilen bedeutet. Wir schleppen uns also los. Meilenweit ist es platt und wir wandern auf einem Aquädukt. Langsam wird es dunkel, zwischendurch essen wir zu Abend, dann gehen wir weiter. Wir sind müde und erschöpft, als wir schließlich das Wasser erreichen. Wir schlagen das Lager auf und gehen schlafen.
Erstaunlich früh am nächsten Tag wachen wir auf. Aber das ist auch gut so, denn es verspricht schon wieder ein heißer Tag zu werden. Wir wandern zunächst durch die Windfarm, dann wird die Gegend langsam natürlicher. Es ist tierisch heiß und mir läuft der Schweiß das Gesicht hinunter. Ständig gucke ich nach, wie weit es noch ist. Irgendwann erreiche ich den Cottonwood Creek, wo wir unter einem Baum eine ausgiebige Mittagspause machen.
Wir liegen also einige Stunden im Schatten. Nach und nach kommen weitere Hiker dazu. Wir schlafen, essen und füllen für die nächsten 25 Meilen Wasser auf. Das ist eine Menge. Gegen abends treten wir die nächsten 10 Meilen an. Zunächst geht es steil bergauf und zwar für eine lange Zeit. Irgendwann erreiche ich einen Water Cache. Hier gibt’s auch frische Äpfel und bequeme Stühle. Ich bleibe also eine Weile. Dann mache ich mich an den Abstieg. Im Dunkeln finde ich einen guten Campspot, bereite das Abendessen vor und warte auf die anderen. Morgen geht’s in die Stadt, wo wir einen Zero Day machen werden.
Der Wecker klingelt um 4:50. Ich wache auf und denke, ist das früh. Der Plan ist, die 15 Meilen bis zum Highway zu laufen, bevor die Hitze einsetzt. Wir frühstücken und packen zusammen. Kurz vor Sonnenaufgang gehen wir los. Es geht zunächst viel bergab. Immer wieder müssen wir Gatter durchqueren, was echt nervig ist. Auf dem gesamten heutigen Teil des Pacific Crest Trails sehe ich eine Kuh mit Kalb. Aber wir machen bestimmt zehn Gatter auf und zu. Bei Meile sechs für heute wartet Copper Tone auf uns und hat mal wieder ein paar Leckereien dabei. Ich bleibe eine Weile, aber heute halte ich mich nicht lange auf. Die nächsten acht Meilen vergehen wie im Flug. Ich bin in guter Form. Am Highway angekommen telefonieren sich Andy und Maike durch eine Liste von Trail Angeln um einen Ride zu organisieren. Das klappt dann schließlich auch und wir werden abgeholt. Am Flughafen gibt es einen Campingplatz, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen wollen. Wir bauen auf, waschen, duschen und planen unseren Resupply. Diesmal müssen wir uns ein paar Pakete voraus schicken, etwa für einen ganzen Monat. Da muss man schon genau planen. Am Abend gehen wir in die Bäckerei, wo wir ein paar Sachen vom Vortag für wenig Geld kaufen. Alles schmeckt sehr lecker. Danach machen wir uns auf die Suche nach etwas richtigem zum Abendessen. Wir entscheiden uns für ein All you can eat Salatbuffet. Als Maike kurz weg ist, spricht uns eine Mutter vom Nachbartisch an. Es stellt sich heraus, dass es auch ihr großer Traum ist, den Pacific Crest Trail zu wandern. Prompt lädt uns die Familie zum Essen ein und bezahlt unsere Rechnung. Das ist natürlich toll. Wir hauen ordentlich rein. Danach schwanken wir zurück zum Flughafen, sehen noch etwas fern und gehen dann schlafen.
Für den nächsten Tag steht Resupply auf dem Programm. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Kaum los gegangen, stoppt neben uns ein Auto. Der Fahrer fragt uns, wo wir hin wollen. Und so fährt er uns zum Supermarkt. Das war easy. Im Laden wird dann erstmal jede Menge Zeug eingekauft. Wirklich sehr viel. Wir lernen einen Mann kennen, der auch hin und wieder am Wochenende in die Berge flieht. Nachdem wir fertig eingekauft haben, fährt er uns zurück zum Flughafen. Das war auch easy. Danach geht das große sortieren los. Alles wird umgepackt und gemischt, bis alles strukturiert ist.
Das dauert seine Zeit und ist bei dem starken Wind der bläst gar nicht so einfach. Nachdem ich endlich fertig bin, gehe ich in die Küche und koche das erste mal seit ich aus Deutschland abgereist bin. Gnocchi mit Zucchini und Parmesan, lecker!
Danach entspannen wir in der Lounge und tanken Energie für die nächsten Tage. Morgen nachmittag geht es zurück auf den Pacific Crest Trail. Und dann bewegen wir uns stramm auf die High Sierras zu. Endlich!
Samedi
16. Juni 2015 — 20:29
Hallo Ledertramp, wie geht es dir? Warte sehnsüchtig auf deinen nächsten Bericht. LG samedi