Im ersten Teil hast du jetzt einiges gelernt zum Thema Hüttentrekking. Du hast darin deine bevorzugte Art des Trekkings gefunden? Glückwunsch!
Vielleicht hast du aber gemerkt, dass dir das Hüttentrekking nicht die nötige Herausforderung bietet. Du sehnst dich nach Freiheit, Wildnis und Abenteuer?
Dann ist das Zelttrekking für dich die bessere Wahl! Auch Einsteiger können direkt Zelttouren machen, das ist kein Problem.
Vindskydds als Alternative zum reinen Zelttrekking
Bevor ich genauer auf das wirkliche Zelttrekking eingehe, stelle ich dir aber noch eine Kreuzung aus Hüttentrekking und Zelttrekking vor.
Überwiegend in Schweden gibt es Trekkingwege mit so genannten Vindskydds. Vielen Deutschen kommt hier zunächst der Bohusleden in der Nähe von Göteborg in den Sinn. Der Bohusleden ist typisch für viele Wege in Schweden.
Du wanderst durch ansprechende Landschaft und am Ende einer Etappe findest du eine einfache Holzhütte am See, die an drei Seiten geschlossen ist und eine Liegefläche bietet. Meist sind die Hütten mit Feuerstelle oder Trockentoilette ausgestattet, wie wir es zum Beispiel auf dem Tjustleden erlebt haben. Auch diese Wege sind sehr gut für Einsteiger geeignet.
Für mich ist diese Art des Trekkings eher dem Zelttrekking gleichzustellen, als dem Hüttentrekking. Wenn du diese Touren machst, dann brauchst du fast die selbe Ausrüstung, wie für reine Zelttouren.
Der einzige Unterschied ist tatsächlich das Zelt, das du unter Umständen zu Hause lassen kannst. Aber auch das ist nicht immer ratsam, denn man weiß ja nie, ob man die Etappe schafft, oder ob die Hütte mal belegt oder sogar abgebrannt ist!
Meiner Meinung nach sind diese Touren am Besten für Einsteiger geeignet, die gerne schon etwas wilder gehen wollen. Auf Touren dieser Art bist du meist fernab der Zivilisation, aber immer noch nahe genug an Menschen, dass im Notfall Hilfe nicht weit ist. Du kannst abends am See entspannen und brauchst dich nicht in ein enges Zelt zu schieben. Die Wege sind recht bekannt und deshalb überwiegend gut markiert.
Einige Wege dieser Art sind neben dem Bohusleden, der Tjustleden, der Hallandsleden, der Skaneleden, der Sörmlandsleden und der Hoga Kustleden. Es gibt aber noch mehr als diese, beinahe in jeder Region Süd- und Mittelschwedens findest du Wege dieser Art!
Zelttrekking – Das Trekking für Abenteurer und Minimalisten
Das gesagt, habe ich meine erste Trekkingtour allein mit dem Zelt gemacht.
Ich bin damals für sechs Wochen mit dem Zelt nach Norwegen gereist. Zuerst habe ich mich per Zug auf den Weg in den hohen Norden gemacht. Hier habe ich die Lofoten erkundet. Von Nordost nach Südwest habe ich einmal die Inselgruppe überquert. Für den Einstieg in dieses großartige Hobby war das genau richtig.
Danach bin ich etwas weiter in den Süden gezogen und habe mit Freunden eine Rundtour am Lysefjorden gemacht. Auf dieser Tour habe ich erlebt, was Trekking bedeuten kann. Tagelang haben wir keine Menschenseele getroffen. Wir haben uns durch schwieriges Terrain gekämpft und von Sonne über Regen bis Sturm alles mitgenommen!
Das reine Zelttrekking ist meiner Meinung nach die Art des Trekkings, bei der du am meisten Abenteuer erleben wirst. Du wirst erleben, was es heißt in der Natur zu leben. Du wirst spüren, wie es ist, als Nomade herumzuziehen und abends dein „Haus“ aufzubauen.
Du wirst Nächte im Zelt liegen und nicht schlafen können, da dir der Wind die Zeltwand ins Gesicht drückt oder es so stark regnet, dass es sich anhört, als würde eine Marschkapelle Trommelwirbel spielen. An anderen Tagen baust du dein Zelt aber vielleicht auch auf einem Felsplateau mit herrlicher Aussicht auf. Das gute Wetter beschert dir einen spektakulären Sonnenuntergang.
Mit anderen Worten: Das Zelttrekking bietet dir das ultimative Naturerlebnis.
Gleichzeitig bekommst du ein unverfälschtes Gefühl von Freiheit. Wenn du mit deinem Zelt unterwegs bist, kannst du überall bleiben wo du willst, wo es dir gefällt. Das Zelt und du, keine Verpflichtungen, keine Etappenziele, die du erreichen musst.
Klingt toll? Ist es auch, hat aber wie alles einen Haken.
Nicht überall ist es erlaubt im Freien zu zelten. In Europa ist es größtenteils verboten.
Die beste Ausnahme bietet hier Skandinavien. Hauptsächlich in Schweden und Norwegen herrscht das Jedermannsrecht. Es erlaubt dir das Zelten in der Natur, wenn du bestimmte, regional unterschiedliche Regeln beachtest.
Des Weiteren ist Wildzelten in Teilen Irlands, Großbritanniens, Islands, Dänemarks, des Balkans, Frankreichs, der Alpen und Spaniens geduldet. Außerdem kannst du in vielen Teilen der Welt wildzelten, zum Beispiel in den USA oder im Himalaya. Du siehst also, es gibt viele Möglichkeiten, wo du Zelttrekking betreiben kannst!
Zelttrekking finde ich super – und jetzt?
Du findest das klingt alles nach einem tollen Abenteuer? Du würdest das gerne selbst einmal erleben? Glückwunsch, die erste Hürde ist geschafft! Du hast dich dafür entschieden es zu wagen!
Jetzt geht es an die Suche nach dem passenden Ziel. Ich würde Anfängern grundsätzlich Skandinavien ans Herz legen. Besonders Norwegen und Schweden bieten alles was das Wanderherz begehrt. Du darfst fast überall zelten, es gibt ein großes Wegnetz und du kannst sogar hier und da in Hütten unterkommen, falls das Wetter mal ganz verrückt spielt.
Wer gemütlich einsteigen will, dem seien die Touren in Schweden ans Herz gelegt, die über Vindskydds verfügen. Wer schon etwas wilder losgehen will, was wirklich auch für Anfänger gut machbar ist, der sollte sich über bekannte Wanderregionen informieren. Gute Routen für Einsteiger gibt es in der Hardangervidda in Norwegen, auf dem Kungsleden in Schweden oder auf dem Padjelantaleden, ebenfalls in Schweden.
Ich bin großer Liebhaber des Nordens und ich kann aus den letzten Jahren nur gute Erfahrungen mitnehmen. Das Risiko, das man jedoch eingehen muss ist, dass es unter Umständen sehr viel regnen kann. Ich hatte die letzten Jahre immer Glück, sodass meine Touren so gut wie keinen Regen gesehen haben. Aber ich habe auch schon sehr starke Regenfälle in Norwegen erlebt!
Wenn du das nicht riskieren willst, rate ich dir, dir Wege in anderen Regionen der Welt anzusehen. Schon in Europa kannst du im Sommer mit (beinaher) Sonnengarantie trekken gehen. So zum Beispiel auf dem Korfu Trail, dem Lykischen Weg, oder auf Mallorca. Der Nachteil ist, dass es dort im Sommer häufig sehr trocken ist.
Andere regenfreie Möglichkeiten kannst du in den Vereinigten Staaten finden. So erleben zum Beispiel die Wanderer auf dem Pacific Crest Trail mitunter mehrere regenfreie Wochen in Folge!
Ich selbst sage dir zu diesem Thema: Der Erfolg einer Tour hängt nicht unbedingt vom Wetter ab. Klar, es nervt schon, wenn man seine Sachen nicht mehr trocken bekommt, aber viele Regionen bekommen durch Regen einen ganz besonderen, rauen Charme, der bei Sonne verborgen bleibt.
Ich liebe zum Beispiel Regen am Meer. Und beim Regen im Fjell spürst du die Urgewalten und die Kraft, die von einem solchen Ort ausgehen. Lass dich also nicht zu sehr abschrecken von der Möglichkeit, dass es regnen könnte!
Bevor du aber vor Begeisterung direkt in die Wildnis startest, solltest du dir im Klaren sein, dass auch diese Wege und Gebiete eine andere Anforderung haben, als die Waldwege in good old Germany. Dass sie für Anfänger geeignet sind, heißt nicht, dass das Gelände nicht anspruchsvoll sein kann. Ich habe in Norwegen Wege erlebt, die für Senioren und Anfänger geeignet sein sollten. Eben diese Wege wären in Deutschland mit Sicherheitszäunen abgesperrt, damit sich niemand verletzt.
Generell lohnt es immer, sich im Vorfeld einer Tour Berichte von Wanderern durchzulesen. Auf Tour selbst sollte man immer seinem Instinkt vertrauen. Wenn der Körper signalisiert, dass er sich etwas nicht zutraut, sollte man darauf hören. Denn auch beim Trekking gilt: Sicherheit geht vor!
Wenn du all diese Tipps berücksichtigst, steht einer erfolgreichen Zelttour nichts mehr im Weg. Ich hoffe ich konnte dir einen kleinen Einblick in die Möglichkeiten des Zelttrekkings bieten. Im nächstes Teil der Reihe geht es um das Thema Ausrüstung!
Eva
20. November 2017 — 13:52
Hi Micha,
ich war dieses Jahr auf dem PCT unterwegs und suche nun nach neuen kürzeren Wegen in Europa. Ich habe schon viel über die Wege in Schweden und Norwegen gehört, jedoch auch dass die Moskitos da sehr schlimm sein sollen. Wie hast du das erlebt? Und was war deine Taktik, stechen lassen bis man es nicht mehr merkt oder mit Gift einsprühen? Würde letzteres eig gerne umgehen, aber ich hatte ein paar schlimme Tage auf dem PCT..
Liebe Grüße und schon mal lieben Dank fürs Antworten,
Eva
Ledertramp
19. Dezember 2017 — 21:16
Hallo Eva,
bist du den ganzen PCT gelaufen? Wo hattest du besonders Probleme mit Mücken?
Mücken sind in Schweden vorhanden, insbesondere in Lappland. In Südschweden nicht wirklich mehr als in Mitteldeutschland. Zecken sind das viel größere Problem, die gibt es dafür kaum in Lappland. Ich lasse mich stechen, erfahrungsgemäß helfen die Chemiekeulen in Schweden nicht. Alternativ im Herbst nach dem ersten Frost wandern, dann sind alle Mücken weg. In Norwegen hatte ich bisher kaum Probleme, liegt wohl am Wind und am Dauerregen. Ich denke das Thema Mücken in Skandinavien wird überdramatisiert (Ausnahme vielleicht schwedisches Lappland).
Sollte kein Hindernis für eine Tour dort sein!!!
Viele Grüße,
Micha
Andina
9. April 2016 — 16:32
Ach so…Ich dachte, dass man wahrscheinlich vor allem am Anfang in der Wüste nicht jeden Tag Wasserstellen findet und darum das Wasser auch mal für 2 oder 3 Tage tragen muss 🙂
Ledertramp
14. April 2016 — 9:14
Nein also für zwei drei Tage tragen würde bedeuten, dass du 18 Liter/Kilo Wasser mit dir schleppen würdes, plus Ausrüstung und Essen. Es ist sorgfältige Planung nötig, da man nur so jeden Tag an Wasser kommen kann. pctwater.com ist da die erste Anlaufstelle!
Andina
14. April 2016 — 10:43
Vielen Dank für deine Antworten, deine Infos sind alle sehr hilfreich!
Ich habe nun ja noch viel Zeit mich genau zu informieren und zu planen 🙂
Viele Dank!
Und viel Spass in Island! 🙂
Ledertramp
15. April 2016 — 8:04
Sehr gerne 😀 Und vielen Dank!
Andina
30. März 2016 — 22:30
Hallo
Dein Bericht klingt echt spannend und macht sofort Lust in die Natur aufzubrechen.
Ich spiele seit einiger Zeit mit dem Gedanken den PCT als thruhike zu versuchen und frage mich nun ob dies als „Anfänger“ auch möglich oder vielleicht doch ein zu harter Brocken ist. Kennst du dich mit dem Trail aus? Was würdest du empfehlen?
Liebe Grüsse
Andina
Ledertramp
2. April 2016 — 13:58
Hallo Andina,
ja klar kenne ich mich mit dem Trail aus, schließlich bin ich ihn gegangen…
Ich würde dir empfehlen vorher auf jeden Fall mal eine kurze Tour zu machen, zwei Wochen Schweden oder so. Du musst einfach mal gucken, ob das überhaupt was für dich ist. Träumerei und tatsächliches Komfortempfinden sind nämlich zwei paar Schuhe und es wäre blöd, wenn du nach drei Wochen PCT merkst, dass das doch gar nicht dein Ding ist.
Technisch gesehen ist der PCT für Einsteiger geeignet. Er ist nicht schwer zu laufen, allerdings durchläuft man klimatische Besonderheiten, wie Wüste und Hochgebirge, die man so aus Europa nicht kennt. Dennoch sind das alles Dinge, die auch für Anfänger machbar sind.
Wichtig ist, dass man sich am Anfang nicht übernimmt. Lieber in den ersten Wochen mit 10 Kilometern anfangen und langsam steigern!
Aber nochmal mein Tipp: Mach diesen Sommer mal ne kürzere Tour um dich ans draußen spartanisch leben zu gewöhnen!
Gruß,
Micha
Andina
3. April 2016 — 21:44
Lieber Micha
Danke für deine Antwort 🙂
Ich habe das vielleicht falsch formuliert: Ich war bis jetzt einmal auf einer grösseren Tour. Vor 2 Jahren in Nepal und habe die Annapurna Umrundung gemacht. Die dauert auch ca. 3 Wochen und man steigt bis 5400 Meter auf. Allerdings ist dieser Trek eher „komfortabel“, da man immer in Lodges schläft, nicht im Zelt. Ich war einfach noch nie so lange trekken und vor allem nicht alleine und mit Zelt 🙂
Ich zähle mich deshalb weiterhin zu den Einsteigern im Trekking Bereich.
Zudem war ich noch nie in den USA trekken und kenne das Terrain dort nicht.
Darum habe ich grossen Respekt davor alleine so weit zu wandern, aber ich glaube der Reiz dafür ist dann doch grösser 🙂
Aber ich denke dein Tipp werde ich mir zu Herzen nehmen. Vielleicht kann ich mir schon früher ein Zelt kaufen und dieses mal ausprobieren (bin Studentin und habe darum momentan kein Geld).
Danke nochmals
Andina
Ledertramp
7. April 2016 — 9:13
Hey Andina,
na das macht das Ganze ja schon anders!
Also vom Terrain her ist der PCT wahrscheinlich der leichteste Trail, den ich je gelaufen bin. Also die meiste Zeit hast du gut ausgetretene und sichtbare Pfade. In den Sierras und in Washington kommt halt auch Schnee und Geröll vor und in Oregon gibt es einige Lavafelder, aber im großen Ganzen ist der Trail sehr einfach zu gehen. Die SChwierigkeit liegt eindeutig in den klimatischen Bedingungen. Es ist heiß! Heiß und exponiert, also du läufst bestimmt 80 Prozent der ZEit, wenn nicht sogar mehr in praller Sonne. Aber das lässt sich alles sehr gut bewältigen.
Alleine bist du auf dem PCT nicht, wenn du nicht alleine sein willst. Es starten jedes Jahr hunderte bis tausende von Menschen. Viele geben zwar sehr schnell auf, aber wenn du gerne in Gruppe wanderst, wirst du damit kein Problem haben. Die meisten machen es so, dass sie tagsüber alleine laufen, sich aber in den Pausen und abends im Camp gerne mit anderen Hikern zusammen tun!
Thema Zelt: Du solltest ein sehr leichtes Zelt nehmen. Tarptent oder Big Agnes et…und die sind deutlich günstiger, wenn du sie direkt in den USA kaufst und dir quasi zu Scout und Frodo nach San Diego schicken lässt zu Beispiel..
Viele Grüße,
Micha
Andina
9. April 2016 — 15:18
Hallo Micha
Also Sonne klingt doch grundsätzlich schon mal gut 😛 obwohl ich mir die Wüste als sehr unangenehm vorstelle (ich bekomme schnell geschwollene Beine bei grosser Hitze..)
Mittlerweilen habe ich auch deine ausführlichen Berichte über den PCT entdeckt (vorher hab ich nur die Infos über das Zelten gesehen 🙂 ). Ich muss sagen, deine Infos sind sehr hilfreich und ermöglichen einem einen guten Überblick zu erhalten. Es motiviert mich natürlich zusätzlich wenn du sagst, dass es auch für Nicht-Profis gut machbar ist 🙂
Der PCT steht bei mir zwar frühstens 2018 an wegen meinem Studium aber dennoch denke ich frühes Informieren schadet nicht.
Ich werde auf jeden Fall regelmässig in die Berge gehen und testen wie weit ich an einem Tag gehen kann, wie viel Wasser ich hier brauche etc.
Hierzu hätte ich noch eine Frage: Das Wasser sollte ja gefiltert werden..wenn ich mir aber vorstelle, dass das dann Tage lang in Flaschen Beuteln an der prallen Sonne liegt, frage ich mich ob sich dann da nicht wieder Keime bilden..? Oder stelle ich mir das falsch vor?
Danke für deine Tips!
Liebe Grüsse
Andina
Ledertramp
9. April 2016 — 16:27
Hallo Andina,
ja also da stellst du dir irgendwas falsch vor…wieso willst du Wasser tagelang aufbewahren?
Du verbrauchst circa sechs Liter Wasser am Tag.
Und selbst wenn du mal eine Flasche für ein paar Tage in der Sonne lässt. Da bilden sich keine Keime,
im Gegenteil. Bakterien werden durch das UV-Licht zerstört..
Grüße,
Micha