Am nächsten Morgen hiken wir dann schnell die neun Meilen bis High Bridge. Wir entern dabei auch den North Cascades National Park. Sofort wird die Landschaft spektakulär. Reißende Flüsse und Canyons tauchen auf. Von der High Bridge aus können wir Lachse sehen, die sich im ruhigeren Wasser in Ufernähe tummeln. Ich komme erster am Stehekin Shuttle Stop an. Mit der Zeit kommen immer mehr Hiker dazu und so fahren wir schließlich mit einer guten Gruppe in Richtung Stehekin. Wir steigen an der Bakery aus. Die soll angeblich sehr gut sein. Das testen wir dann auch direkt mal aus und tatsächlich, das klebrige Zuckerzeug schmeckt echt super. Danach hitchen wir weiter in den eigentlichen Ort, holen unser letztes Resupplypaket ab, duschen, relaxen und campen am See. Eine Menge Hiker tummeln sich hier. Irgendwie sind doch immer noch viele unterwegs. Alle genießen die letzte Woche auf dem Pacific Crest Trail und sind nun wirklich bereit nach Canada zu kommen! Am nächsten Morgen geht’s dann mit dem Shuttle zurück zum Pacific Crest Trail. Natürlich wird auch wieder ein Stopp beim Bäcker gemacht und etwas fürs Frühstück und die Mittagspause gekauft. Das Gebäck hier ist wirklich gut. Ganz im amerikanischen Stil, schwer, süß und klebrig! Dann geht’s zurück zum Trailhead. Wir hängen alle noch ein wenig herum, dann machen wir uns auf den Weg. Die letzten Tage brechen an. Der Weg ist angenehm zu gehen. Es ist wirklich sehr schön hier im Moment. Der Indian Summer färbt die Blätter jetzt orange und rot. Das gibt einen starken Kontrast zum blauen Himmel. Wir haben heute nur 17 Meilen vor. Deshalb können wir es uns leisten schon nach acht Meilen Mittagspause zu machen. Ich wähle einen tollen Platz auf einer sonnigen Klippe über einem rauschenden Fluss. Natürlich wird sofort das Sticky Bun verputzt. Wir verbringen eine gemütliche Zeit, bevor es weiter geht. Die restlichen Meilen sind nicht besonders spektakulär, daher gehe ich durch und komme bald am Campspot an. Ich baue das Zelt auf, installiere einen maussicheren Foodbag und bereite ein Lagerfeuer vor. Als alle da sind, sitzen wir gemütlich am Feuer und genießen den Abend. Der Morgen begrüßt uns mit bewölktem Himmel. Es ist Regen und Schnee angesagt. Das dämpft die Stimmung natürlich immer ein wenig, aber alles in allem können wir uns über das Wetter in Washington nicht beschweren. Wir hatten nicht viel Regen und der Schnee könnte um diese Zeit auch schon höher liegen. Aber man soll den Tag ja bekanntlich nicht vor dem Abend loben. Ein paar Tage sind wir ja noch auf dem Pacific Crest Trail unterwegs. Heute morgen starten wir mit waldigem leichten bergauf. Irgendwann treffe ich auf die Holzschuhs, die immer etwas früher als wir starten und setze mich dazu. Wir machen eine kurze Pause und besprechen wo wir lunchen. Dann geht’s ein gutes Stück bergauf und wir laufen über mehrere Pässe von denen wir eine klasse Aussicht auf die Berge haben. Mitten auf dem Pacific Crest Trail machen wir dann heute unsere Mittagspause. Hin und wieder regnet es, aber es hält sich in Grenzen. Danach ist der restliche Weg recht easy und meist bergab. Wir bauen die Zelte auf und setzen uns zum Dinner zusammen. Ich esse köstliche Ramen mit Gemüse und Curry, sehr lecker. Danach müssen wir uns leider schnell zurückziehen, denn es fängt an zu regnen und so kommt es, dass wir um 19:30 schon im Schlafsack liegen. Obwohl ich um acht Uhr schon geschlafen habe, geht es am Morgen recht spät los. Aber das ist mittlerweile allen egal, denn so kurz vor dem Ziel hat man überhaupt keinen Zeitdruck mehr. Zeitdruck ist vielleicht nicht das richtige Wort, ich wusste immer, dass wir nicht länger als sechs Monate brauchen würden. Es ist vielmehr das Gefühl, dass man am Tag ordentlich was schaffen will, welches wir zum Beispiel in den Sierras hatten, welches jetzt verschwunden ist. Jetzt sind wir einfach nur entspannt, wissen, dass es bald getan ist und fangen schon an in Erinnerungen zu schwelgen und in die Zukunft zu blicken. Aber noch immer liegen knapp fünfzig Meilen vor uns und dem Northern Terminus, dem offiziellen Endpunkt des Pacific Crest Trails. Heute starten wir mit einem ordentlichen Anstieg. Wir werden an diesem Tag einige Pässe erklimmen. Die Wolken hängen heute so tief, dass ich immer wieder darin verschwinde. Aber als ich dann oben auf dem Pass bin, klart der Himmel auf und es bietet sich eine tolle Aussicht. Zur Mittagspause will ich heute etwas mehr Strecke zurück legen als sonst und bis zum Harts Pass laufen. Das schaffe ich auch und so mache ich zusammen mit Kett Pause. Wir stecken allerdings wieder in den Wolken und es ist so kalt, dass man es nicht lange aushält. Also ziehen wir bald schon weiter. Zum Glück geht’s bergauf und wir befinden uns wieder über den Wolken, die sich bald ohnehin verziehen. Ich wandere noch ein bisschen weiter, dann tanke ich Wasser für die Nacht auf. Die Wolken kommen zurück, es wird kalt und plötzlich finde ich mich doch tatsächlich in einer weißen Winterlandschaft wieder. Heute war mit Sicherheit einer der seltsamsten Tage, was das Wetter anging. Ständiger Wechsel zwischen Sommer und Winter. Ich erreiche schließlich recht früh die ausgemachte Campsite und baue auf. Da es draußen ungemütlich und windig ist, lege ich mich direkt hinein. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, bedeckt eine gigantische Eisschicht unser Zelt. Wenn man die Tür aufmachen will hat man statt flexiblem Nylon ein hartes Brett in der Hand. Aber die Sonne kommt schon bald zum Vorschein und es fängt an zu tauen. Wir machen uns startklar für den letzten vollen Tag auf dem Pacific Crest Trail. Das Wetter und die Landschaft wollen heute wohl nochmal alles geben. Beide sind einfach atemberaubend. Mit jedem Pass, den wir erklimmen wird die Szenerie schöner. Mit einer wunderbaren Aussicht machen wir schließlich mit ein paar anderen Hikern eine sonnige Mittagspause. Hernach wird fleißig weiter gewandert. Es passiert eigentlich kaum etwas, aber der Tag ist einfach perfekt. Es gibt so viele großartige Panoramablicke, man kann sich nicht satt sehen. Viele Male bleibe ich stehen und sauge die Eindrücke in mich auf. Abends erreichen wir dann einen Campspot, wo wir gemeinsam mit einem Rudel Hiker campen. Wir sitzen noch eine Weile zusammen rund um das Lagerfeuer, dann gehen wir zu Bett. Morgen werden wir alle Canada erreichen und damit unseren Thruhike auf dem Pacific Crest Trail beenden. Heute ist der Tag! Heute werden wir unseren Thruhike des Pacific Crest Trails nach über 2600 Meilen und 166 Tagen abschließen. Gemeinsam mit den Holzschuhs tanzen wir in Richtung Canada. Ja richtig, wir tanzen! Wir hören Musik mit Andrews Boombox und spacken dazu ordentlich ab. So vergeht der Weg bis zur Grenze wirklich schnell! Dort werden wir von den anderen Hikern begrüßt, die mit ihren Trekkingstöcken ein Spalier bilden. Nun ist es getan! Kaum zu glauben, aber jetzt sind wir am Ziel. Wir sind zu Fuß von Mexico nach Canada gelaufen. Wir machen unsere Fotos und genießen den Augenblick. Es fühlt sich noch nicht wirklich an, das wird es bestimmt erst in einiger Zeit tun. Dann ist es Zeit zum Manning Park zu gehen. Der Pacific Crest Trail endet nämlich mitten im Nirgendwo. Wir müssen also noch neun Meilen gehen, dann kommen wir an der Lodge an. Hier wird gegessen, gewaschen, geduscht und abgehangen. Wir schreiben uns bei den Holzschuhs mit aufs Zimmer, aber verstecken uns zum Schlafen schließlich im Keller. Mal gespannt, ob das unbemerkt bleibt! Ja das bleibt es! Am nächsten Morgen packen wir die Sachen und verlassen endgültig den Pacific Crest Trail. Mit dem Bus geht’s nach Vancouver, wo wir noch zehn Tage verbringen werden, bevor es zurück nach Deutschland geht!
12. Oktober 2015
PCT Thruhike 2015: Stehekin – Manning Park/Canada
Ledertramp
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django
16. Februar 2017 — 15:43
Hi, deine Tipps sind klasse. Vielen Dank dafür. Wieviele Tage warst du unterwegs? irgendwie konnte ich das nicht finden.
grüße
Ledertramp
16. Februar 2017 — 18:40
Hi, ich habe das nicht so ganz genau…aber es müssen so um die 165 Tage gewesen sein. Da sind aber zwei mal eine Woche Pause drin, plus ein paar Zeros und Neros. Also Reine Zeit auf dem Trail ist deutlich geringer.
django
17. Februar 2017 — 9:24
Besten Dank! Das wollte ich wissen.
Luis
28. Juni 2016 — 9:11
Wow das ist beeindrucked… mich würde interressieren, wie es dann war als du zurück warst. Was ändert sich nach so einer erfahrung? Oder steigt man schnell wieder in den alltag ein? Wenn du dazu noch etwasschreiben könntest, das wäre echt super 🙂 ich möchte den pct nämlich gerne nach dem abi laufen (was noch vier jahre hin ist) aber die idee verschwindet einfach nicht mehr aus meinem kopf…
Ledertramp
29. Juni 2016 — 11:29
Hi Luis,
danke für die Blumen! Gute Idee die du da im Kopf hast.
Ich werde mal einen Artikel verfassen zu dem Thema Veränderung und Wiedereinstieg.
Also stay tuned und immer schön weiterträumen! Welches Jahr wird dann „dein“ Jahr?
Gruß,
Micha
Kerstin
23. Oktober 2015 — 12:25
Hi, super Infos. Nur eine Frage. Ich möchte den PCT 2017 laufen. Werde dafür 6 Monate unbezahlten Urlaub nehmen und muss ja meine Miete weiter bezahlen. Wieviel hat dich der Tripp, also Flüge, Transfers und das Leben dort gekostet? Also wenn man sich auch mal ein Bier gönnt usw 😛 Wäre super wenn du mir ein paar Infos zukommen lassen könntest. Kann sein muss sonst noch ein Jahr länger sparen. Liebe Grüße. Und auch noch Glückwunsch 🙂
Andrea
21. Oktober 2015 — 17:00
Großartig!!! Ich bin berührt! Toll! Alles Liebe für euch!
Gruß Andrea
Michael (auch)
14. Oktober 2015 — 8:23
Wahnsinn – you made it! Hut ab.
Und ich stecke gerade mitten in den Planungen für 2016 …. 😉
Samedi
13. Oktober 2015 — 10:34
Herzlichen Glückwunsch zum Thruhike! Eine super Leistung!